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AEU-Vertrag und Maschinenrichtlinie

Ziel der Maschinenrichtlinie

Die Maschinenrichtlinie ist eine sog. "Binnenmarktrichtlinie". Sie ist gestützt auf den bis zum 30.11.2009 geltenden EG-Vertrag (Vertrag über die Gründung der Europäischen Union) und hier auf Artikel 95 (heute Artikel 114 AEU-Vertrag).

Ziele des Artikel 95 sind:

  • Freier Warenverkehr in der Gemeinschaft durch Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten
  • Hohes Schutzniveau in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz

Das Schutzziel "Umweltschutz" spielt in der Maschinenrichtlinie allerdings, bis auf die anzuwendenden Regelungen für Pestizidausbringungsmaschinen, keine Rolle.

Freier Warenverkehr: Maschinenrichtlinie Artikel 6

Der freie Warenverkehr im europäischen Binnenmarkt ist in Artikel 6 der Maschinenrichtlinie geregelt.

"Artikel 6
Freier Warenverkehr

(1) Die Mitgliedstaaten dürfen das Inverkehrbringen und/ oder die Inbetriebnahme von Maschinen in ihrem Hoheitsgebiet nicht untersagen, beschränken oder behindern, wenn diese den Bestimmungen dieser Richtlinie entsprechen.

(2) Die Mitgliedstaaten dürfen das Inverkehrbringen von unvollständigen Maschinen nicht untersagen, beschränken oder behindern, wenn sie laut einer nach Anhang II Teil 1 Abschnitt B ausgefertigten Einbauerklärung des Herstellers oder seines Bevollmächtigten dazu bestimmt sind, in eine Maschine eingebaut oder mit anderen unvollständigen Maschinen zu einer Maschine zusammengefügt zu werden.

(3) Die Mitgliedstaaten lassen es zu, dass bei Messen, Ausstellungen, Vorführungen und Ähnlichem Maschinen oder unvollständige Maschinen gezeigt werden, die den Bestimmungen dieser Richtlinie nicht entsprechen, sofern ein sichtbares Schild deutlich auf diesen Umstand und darauf hinweist, dass sie erst lieferbar sind, wenn die Konformität hergestellt wurde. Ferner ist bei der Vorführung derartiger nichtkonformer Maschinen oder unvollständiger Maschinen durch geeignete Sicherheitsmaßnahmen der Schutz von Personen zu gewährleisten."

Klargestellt wird hiermit, dass die Mitgliedstaaten den freien Verkehr von Maschinen oder unvollständigen Maschinen nicht behindern dürfen, vorausgesetzt die betreffenden Maschinen oder unvollständigen Maschinen entsprechen den Anforderungen der Maschinenrichtlinie.

Zu den konkreten Anforderungen siehe

Damit sind nationale Anforderungen an das Inverkehrbringen / die Inbetriebnahme von Maschinen bzw. unvollständige Maschinen nicht zulässig, die über die Anforderungen der Maschinenrichtlinie hinausgehen. Beispielhaft für eine ggf. nicht konforme nationale Anforderung war hier § 14(1) der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) aus 2002, der generelle Anforderungen an eine Drittprüfung von überwachungsbedürftigen Anlagen enthielt. Dieser heute in § 15(1) BetrSichV enthaltene Passus wurde deshalb in der aktuellen BetrSichV EU-konform geändert. Die Prüfpflicht vor der erstmaligen Inbetriebnahme erstreckt sich heute nicht auf Prüfungen, die bereits durch das Konformitätsbewertungsverfahren des Herstellers abgedeckt sind. Solche Prüfpflichten würden nämlich in das Konformitätsbewertungsverfahren des einschlägigen EU-Binnenmarktrechts eingreifen bzw. auf dieses Recht "aufsatteln". Mögliche nationale Ausnahmen beschreibt Artikel 15 der Maschinenrichtlinie.

Mit Artikel 6 Abs. 3 wird der Praxis Rechnung getragen, dass es erforderlich ist, mit dem Binnenmarktrecht nicht übereinstimmende Maschinen auszustellen. Dies muss insbesondere vor dem Hintergrund eines weltweiten Maschinenhandels mit unterschiedlichen regionalen / nationalen Anforderungen möglich sein. Auf die Nichtübereinstimmung muss aber mit einem Schild deutlich hingewiesen werden.

Siehe hierzu auch "Erwägungsgrund Nr. 12".

Konformitätsvermutung: Maschinenrichtlinie Artikel 7(1)

"(1) Die Mitgliedstaaten betrachten eine Maschine, die mit der CE-Kennzeichnung versehen ist und der die EG-Konformitätserklärung mit den in Anhang II Teil 1 Abschnitt A aufgeführten Angaben beigefügt ist, als den Bestimmungen dieser Richtlinie entsprechend."

Anmerkung des Verfassers:
Auch wenn die Mitgliedstaaten zunächst davon ausgehen müssen, dass eine Maschine, die mit der CE-Kennzeichnung versehen ist und der eine EG-Konformitätserklärung beigefügt ist, den Bestimmungen der Maschinenrichtlinie entspricht (Konformitätsvermutung), heißt das nicht, dass Sie Maschinen, die trotzdem nicht den Anforderungen entsprechen, akzeptieren müssen. Mit dieser Bestimmung wird lediglich festgelegt, dass die Mitgliedstaaten keine systematische Kontrolle aller Maschinen veranlassen dürfen. Die durchzuführende Marktüberwachung bleibt hiervon unberührt. Ein Hersteller kann insofern keine Kotrollen im Rahmen der Marktüberwachung auf Grund dieser Bestimmung zurückweisen. Wohl könnte allerdings ein Mitgliedstaat dagegen vorgehen, wenn z.B. alle Maschinen seiner nationalen Hersteller in einem anderen Mitgliedstaat systematisch kontrolliert würden.

Installation und Verwendung der Maschinen: Maschinenrichtlinie Artikel 15

"Artikel 15
Installation und Verwendung der Maschinen

Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht Anforderungen festzulegen, die sie zum Schutz von Personen, insbesondere von Arbeitnehmern, bei der Verwendung der Maschinen für notwendig erachten, sofern dies keine Veränderungen dieser Maschinen gegenüber den Bestimmungen dieser Richtlinie zur Folge hat."

Originaltext:

Article 15
Installation and use of machinery

This Directive shall not affect Member States' entitlement to lay down, in due observance of Community law, such requirements as they may deem necessary to ensure that persons, and in particular workers, are protected when using machinery, provided that this does not mean that such machinery is modified in a way not specified in this Directive.

Das Gemeinschaftsrecht hat grundsätzlich Vorrang gegenüber nationalen Bestimmungen. Das drückt die deutsche Übersetzung im letzten Halbsatz zwar vom Wortlaut her etwas anders aus als der englische Originaltext. Inhaltlich besteht aber kein Unterschied. Siehe hierzu auch Artikel 6 "Freier Warenverkehr" der Maschinenrichtlinie.

Die Mitgliedstaaten dürfen deshalb nicht mehr und auch nicht weniger verlangen, als in der Maschinenrichtlinie festgelegt. Insofern ist der Spielraum, den die Mitgliedstaaten hinsichtlich weiterer nationaler Anforderungen in Bezug auf das Inverkehrbringen von Maschinen haben gering. Möglich ist es, z.B. im Rahmen des nationalen Baurechts die Installation von bestimmten Maschinen nur auf bestimmte Gebiete zu beschränken. Nicht möglich ist es aber z.B. für Maschinen, die Bauwerke im Sinne der nationalen Baubestimmungen sind (Windkraftanlagen, Klappbrücken, ...), zusätzliche Anforderungen an einen Stabilitätsnachweis in Form einer Prüfstatik zu verlangen. Der Nachweis der Stabilität erfolgt im Rahmen der in der Maschinenrichtlinie festgelegten Konformitätsbewertung. Auch kann die Benutzung bestimmter Maschinen nur auf einen konkreten Personenkreis oder auf bestimmte Uhrzeiten begrenzt werden.

Siehe hierzu ausführlich:

§ 139 des EU-Leitfadens zur Maschinenrichtlinie