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Neuerung bei Vereinbarungen zur Schriftform in Verbraucher-AGB

HĂ€ufig finden sich in Allgemeinen GeschĂ€ftsbedingungen (AGB) Regelungen, nach denen bestimmte ErklĂ€rungen nur wirksam sein sollen, wenn sie schriftlich erfolgen. Auch wenn dies schon bislang z.T. rechtlichen Bedenken begegnete, wird sich die Rechtslage ab 01.10.2016 nochmals deutlich verschĂ€rfen. Denn ab dann gelten verĂ€nderte gesetzliche Vorgaben zur formularmĂ€ĂŸigen Vereinbarung der Schriftform fĂŒr Anzeigen und ErklĂ€rungen. Durch das „Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschĂŒtzenden Vorschriften des Datenschutzrechts“ erfolgt eine Änderung von § 309 Nr. 13 BGB, so dass es in AGB gegenĂŒber Verbrauchern kĂŒnftig unzulĂ€ssig sein wird, fĂŒr die Wirksamkeit der Abgabe von Anzeigen und ErklĂ€rungen die Einhaltung der Schriftform zu vereinbaren. Was das im Einzelnen fĂŒr die Unternehmen bedeutet und was nun zu tun ist, erlĂ€utert unser Referent, Rechtsanwalt Dr. Ulrich Becker von der Kanzlei CMS Hasche Sigle, auf dem Maschinenrechtstag 2016 in Köln.

Nachfolgend eine schriftliche Ausarbeitung des Referates:

Neuerung bei Vereinbarungen zur Schriftform in Verbraucher-AGB

In AGB finden sich sehr hÀufig Bestimmungen, nach denen ErklÀrungen einer Vertragspartei nur wirksam sind, wenn sie schriftlich erfolgen.

Status Quo
FĂŒr nachtrĂ€gliche Änderungen eines geschlossenen Vertrages ist nach stĂ€ndiger Rechtsprechung die einfache oder doppelte Schriftformklausel in AGB unwirksam, und zwar sowohl gegenĂŒber Verbrauchern (B2C) als auch zwischen Unternehmern (B2B). Eine einfache Schriftformklausel besagt, dass eine Änderung des Vertrages der Schriftform bedarf, wohingegen die doppelte Schriftformklausel auch die Änderung der Schriftformklausel selbst der Schriftform unterwirft.

Etwas anderes gilt nach gegenwĂ€rtiger Rechtslage fĂŒr die Vereinbarung einer Form fĂŒr die Abgabe von Anzeigen und ErklĂ€rungen zum Vertrag, also z.B. KĂŒndigungs- und RĂŒcktrittserklĂ€rungen, Mahnungen, MĂ€ngelanzeigen, Fristsetzungen, Schadensmeldungen, AbtretungserklĂ€rungen etc. Hier geht es nicht um Änderungen des Vertragsinhalts selbst. Vereinbarungen zu einer bestimmten Form fĂŒr Anzeigen und ErklĂ€rungen zum Vertrag sind nur dann unwirksam, wenn „eine strengere Form als die Schriftform“ gelten soll, wenn also z.B. vorgesehen ist, dass die KĂŒndigung nur in notariell beglaubigter Form erfolgen darf. Ein Schriftformerfordernis bei diesen Anzeigen und ErklĂ€rungen ist nach derzeitiger allgemeiner Meinung in AGB grundsĂ€tzlich zulĂ€ssig.

GesetzesÀnderung
Diese Rechtslage Ă€ndert sich nun allerdings. Nach § 309 Nr. 13 lit. b) BGB in seiner ab 01.10.2016 geltenden Fassung werden formularmĂ€ĂŸige Formvorgaben, die eine strengere Form als die Textform vorschreiben, fĂŒr Anzeigen oder ErklĂ€rungen, die gegenĂŒber dem AGB-Verwender oder einem Dritten abzugeben sind, unwirksam sein. Eine strengere Form als die Textform sind vor allem die (gesetzliche) Schriftform (§ 126 BGB), aber – wie gesehen – auch die notarielle Beurkundung (§ 128 BGB; §§ 6 ff. BeurkG) oder die öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB).

Unternehmer dĂŒrfen daher ab dem 01.10.2016 gegenĂŒber Verbrauchern nur noch Klauseln verwenden, die fĂŒr die gegenĂŒber dem Unternehmer oder Dritten abzugebenden Anzeigen und ErklĂ€rungen nicht mehr als die Textform vorschreiben. Die Textform (§ 126 b BGB) wird beispielsweise durch ein Fax oder eine E-Mail gewahrt.

Notariell zu beurkundende VertrĂ€ge (wie etwa der GrundstĂŒckskaufvertrag), bleiben von der GesetzesĂ€nderung verschont: gem. § 309 Nr. 13 lit. a) wird die Vorgabe der Schriftform fĂŒr Anzeigen und ErklĂ€rungen weiterhin möglich sein.

Relevanz fĂŒr die Ausgestaltung der AGB
Die Klauselpraxis hat sich – natĂŒrlich – an der bisherigen Rechtslage orientiert. In den allermeisten AGB finden sich Regelungen, die insoweit rechtlich zulĂ€ssig sind oder, um es deutlicher zu sagen, bis 30.09.2016 noch zulĂ€ssig sind. Was Ă€ndert sich fĂŒr die Unternehmen nun durch die GesetzesĂ€nderung? Die Beantwortung dieser Frage hĂ€ngt davon ab, ob die AGB gegenĂŒber Verbrauchern verwendet werden oder gegenĂŒber Unternehmen. Im ersten Fall ist klar: die bisherigen Regelungen mĂŒssen (!) angepasst werden.

Aber gilt das auch fĂŒr B2B-AGB? Die neue Vorschrift wird wie gesagt unmittelbar nur fĂŒr AGB gegenĂŒber Verbrauchern (B2C) gelten. Ob das Schriftformverbot auch zwischen Unternehmern gelten wird, lĂ€sst sich derzeit nicht sicher abschĂ€tzen. Zum Teil wird davon ausgegangen, dass die Änderung keine Auswirkungen auf VertrĂ€ge zwischen Unternehmern haben wird. Als zentrales Argument wird angefĂŒhrt, dass die gesetzgeberische Motivation fĂŒr die Änderung ErwĂ€gungen des Verbraucherschutzes sind. Die Rechtsprechung nahm aber schon von jeher bei vielen anderen „Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit“ nach § 309 BGB (die unmittelbar nur im B2C gelten) eine Indizwirkung auch fĂŒr den unternehmerischen Verkehr an. Ob das auch bei dem neuen § 309 Nr. 13 lit. b) BGB so sein wird, muss abgewartet werden. Es verbleibt ein gewisses Risiko.

Rechtsfolge von GesetzesverstĂ¶ĂŸen
Die Beachtung der GesetzesĂ€nderung ist nicht nur "formaler" Natur. Die Konsequenz aus Klauseln, die gegen die Vorgaben der neu gefassten Regelung verstoßen, können durchaus gewichtig ausfalle. Die Klauseln sind unwirksam und fallen damit ersatzlos weg, verbunden mit der Konsequenz, dass ĂŒberhaupt keine vertragliche Vereinbarungen zur Form von Anzeigen und ErklĂ€rungen existieren. Anzeigen und ErklĂ€rungen dĂŒrfen dann formlos, also sogar mĂŒndlich abgegeben werden. Das fĂŒhrt fĂŒr Unternehmen dann sehr schnell zu erheblichen Dokumentations- und Nachweisproblemen.

Außerdem ist die Verwendung unwirksamer AGB wettbewerbswidrig. VerstĂ¶ĂŸe können zu Abmahnungen, Unterlassungsklagen – auch von VerbĂ€nden nach dem Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) – oder Schadensersatzklagen durch Mitbewerber fĂŒhren.

Fazit

Die Änderung gilt fĂŒr VertrĂ€ge, die ab dem 01.10.2016 geschlossen werden. Vorher abgeschlossene VertrĂ€ge sind von der GesetzesĂ€nderung nicht betroffen und bedĂŒrfen grundsĂ€tzlich keiner Anpassung. In jedem Fall sind AGB, die gegenĂŒber Verbrauchern verwendet werden sollen, auf die neue Rechtslage hin zu ĂŒberprĂŒfen und anzupassen. Im B2B-Bereich sollte man die weitere Entwicklung abwarten.

Kontakt zum Autor:

Rechtsanwalt Dr. Ulrich Becker
CMS Hasche Sigle
Neue Mainzer Straße 2-4
60311 Frankfurt am Main

Mail: ulrich.becker@cms-hs.com
Tel.: +49 69 71701 119