Wer ist eigentlich der Maschinenhersteller?

Für die Einhaltung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen des Anhang I der MRL und die Durchführung der o.g. Maßnahmen zur Bestimmung / Erklärung der "EG-Konformität" der Maschine ist der Hersteller oder dessen Bevollmächtigter verantwortlich. Auch ist der Hersteller bzw. dessen Bevollmächtigter primär Adressat von behördlichen Maßnahmen im Sinne von § 26 (2) ProdSG.

Vor diesem Hintergrund ist die Frage, wer im Einzelfall Hersteller einer Maschine ist, von großer Relevanz. Während dies bei Maschinen, die "aus einer Hand" (im Sinne von Konstruktion und Bau der Maschine) kommen, regelmäßig kein Problem darstellt (auch vor dem Hintergrund, dass die Herstellereigenschaft nicht dadurch verloren geht, dass Arbeiten an Subunternehmer vergeben werden), kann es im Einzelfall bei sog. Maschinenanlagen (Gesamtheit von Maschinen im Sinne von Artikel 2 a) 4. Spiegelstrich der MRL) durchaus zu Unklarheiten über die Person der Herstellers kommen.

Schaut man sich die Definition des Herstellers im Sinne des Artikels 2 i) MRL genauer an,

"Jede natürliche oder juristische Person, die eine von dieser Richtlinie erfasste Maschine oder eine unvollständige Maschine konstruiert und / oder baut und für die Übereinstimmung der Maschine oder unvollständigen Maschine mit dieser Richtlinie im Hinblick auf ihr Inverkehrbringen unter ihrem eigenen Namen oder Warenzeichen oder für den Eigengebrauch verantwortlich ist, …"

dann wird für den Anlagenbau ein großer Interpretationsspielraum bei der Frage des Herstellers deutlich.

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Wer ist eigentlich der Anlagenhersteller?

Als Anlagenhersteller kommen verschiedene am Anlagenbau Beteiligte in Frage. Es können dies nämlich sein:

  • Der Anlagenkonstrukteur
  • Der Anlagenbauer
  • Derjenige, der seinen Namen / sein Warenzeichen an der Maschinenanlage anbringt
  • Der sog. "Eigenhersteller", der die Maschinenanlage für den Eigengebrauch fertigt

Wie ist dieses "Dilemma" zu lösen?

Für die Frage, wer Hersteller ist, geht es in der o.a. Herstellerdefinition der MRL im Wesentlichen darum, wer die "Gesamtverantwortung" für die Sicherheit der Maschinenanlage hat:

Derjenige, der für die Übereinstimmung der Maschine … mit dieser Richtlinie im Hinblick auf ihr Inverkehrbringen … verantwortlich ist.

Dies macht auch der Blue-Guide in Ziffer 3.1.1 deutlich:

"Ein Hersteller im Sinne des neuen Konzepts ist derjenige, der die Verantwortung für den Entwurf und die Herstellung eines Produkts trägt"

Nach dem ersten Anschein spricht hier vieles für den "Hauptlieferanten" (= derjenige, der die Hauptkomponenten der Anlage liefert) als Anlagenhersteller. Zwingend ist dies jedoch nicht. Genauso gut kann z.B. das Planungsbüro für die Anlagenkonformität verantwortlich zeichnen, insbesondere wenn es das sog. Detail- oder Sicherheitsengineering ausführt.

Zu denken ist aber auch an das Montageunternehmen, das sämtliche Anlagenteile "sicher" zusammenfügt oder der Steuerungsbauer, der die Anlagenkomponenten in sein Steuerungssystem einbezieht. In vielen Fällen hat zudem der Anlagenbetreiber einen Projektleiter benannt, der "die Fäden in der Hand" hält, so dass auch der Betreiber als sog. "Eigenhersteller" für die Erklärung der Konformität der Gesamtanlage in Betracht kommt, da er die "Projekt- oder Planungshoheit" in Bezug auf die Maschinenanlage hat.

Entscheidungserheblich und damit letztlich zu fragen ist, wer die sicherheitstechnischen Eigenschaften bei Konstruktion und Bau der Maschinenanlage bis zu deren Inverkehrbringen bzw. deren Inbetriebnahme jederzeit beeinflussen kann.

Zur Vermeidung später aufkommender Diskussionen und hoher Kosten sind die beteiligten Parteien eines Maschinenanlagenprojektes daher gut beraten, sich über diese Frage der Gesamtverantwortung bereits bei Vertragsabschluss Gedanken zu machen. Eine spätere Klärung nach Beginn der Planung bzw. der Konstruktion, ist mit großem Aufwand verbunden und darüber hinaus rechtlich unzulässig (vgl. Anhang I MRL: "diese Maschine muss dann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Risikobeurteilung konstruiert und gebaut werden").

Wenn nicht feststeht, wer Anlagenhersteller ist, steht auch nicht fest, wer für die Erstellung der Risikobeurteilung der Maschinenanlage verantwortlich ist, so dass diese in der Praxis -rechtlich unzulässig- häufig unterbleibt. Dazu kommt, dass nachträgliche sicherheitstechnische Korrekturen auf Grund einer verspäteten Risikobeurteilung in der Regel hohe Kosten nach sich ziehen. Bei richtiger Vorgehensweise sind diese -aufgrund einer falschen Vorgehensweise im Anlagenbau entstehenden- Kosten vermeidbar.

Die Regelung der Person des Anlagenherstellers im Rahmen der Verträge ist den beteiligten Parteien daher dringend anzuraten. So könnte z.B. im Verhältnis zwischen Hauptlieferant / Betreiber folgende Vertragsklausel vereinbart werden:

"Die Vertragsparteien sind sich einig, dass die [Firma angeben] Hersteller der Gesamtanlage im Sinne von Artikel 2 Buchstabe i der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ist und die in Artikel 5 Abs. 1 dieser Richtlinie festgelegten Aufgaben des Herstellers für die in Verkehr zu bringende Gesamtanlage übernimmt."

Ggf. sind vertragliche Mitwirkungspflichten der anderen Vertragspartei festzulegen. Wird z.B. der Hauptlieferant Hersteller der Anlage und beschafft der Betreiber Bauteile der Anlage selbst, ist das Verhältnis Hersteller / Unterlieferanten des Betreibers zu klären. So ist dem Hauptlieferant durch den Betreiber in dessen Verträgen mit seinen Lieferanten die Möglichkeit einzuräumen, Rücksprache mit diesen zu halten und ggf. die Konformitätsdokumentation einzusehen, da der Hauptlieferant mit den Lieferanten des Betreibers kein Vertragsverhältnis hat.

Maschinenanlagen und ihre Komponenten

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